Untereßfeld

Geschichten von daheim.

13.11.06

Kapiert?

Desnächtens zählt die Oma also Einwohner. Damit sie zahlenmäßig immer auf dem neuesten Stand ist, erhält die Oma untertags Unterstützung vom Onkel Erich. Denn, das muss man wissen, die Oma treibt sich nicht oft im Dorf herum. Erstens, wohnt sie am Ende einer Gasse und nicht direkt in der Dorfmitte und zweitens hat die Oma jawohl wichtigeres zu tun, als sich den ganzen Tag tratschend rumzutreiben. Essen kochen für den Onkel Erich zum Beispiel. Und während er dieses Essen isst, versorgt der Onkel Erich die Oma mit den neuesten Neuigkeiten.

Für den Erich wird ein Post nicht ausreichen, das muss gleich gesagt sein. Der Erich ist fast 80 und wohnt immer noch bei seiner Mutter, nur dass die vor 27 Jahren gestorben ist. Bevor sie aber das Zeitliche segnete, indem sie beim Frühstück einfach vom Stuhl fiel, hat sie mich noch vor dem untragbaren Namen "Yvonne" bewahrt, wofür ich ihr bis heute dankbar bin, auch wenn sich unser beider Leben nur sechs Wochen überschnitten.
Der Erich ist ein Junggeselle vom alten Schlag. Er kann sich morgens einen Kaffee kochen und abends den Fernseher einschalten - alles andere gehört nicht zu seinen Aufgaben. Es ist nicht so, dass den Erich die Frauen nie interessiert hätten. Er hatte sogar mal was mit seiner Nachbarin, so vor ungefähr 50 Jahren. Bis heute redet er nicht gern darüber und wenn er sie auf der Straße sieht, wechselt er die Seite. Oder umgekehrt.

Ansonsten redet der Erich sehr gern, vor allem über Sachen, die im Dorf passieren oder in der Bildzeitung stehen. Manchmal knufft der Erich einen am Arm, lacht und fragt: "Kapiert?"
Er verlässt Untereßfeld nicht gern. Man kann sogar mit Sicherheit sagen, dass der Erich von allen Einwohnern der ist, der Untereßfeld bis jetzt am seltensten verlassen hat. Wenn man ihn darauf anspricht und fragt, ob er nicht doch ein bisschen was von der Welt hätte sehen wollen, verweist er auf seinen Fernseher oder die Tatsache, dass er schon mal in Prag war, damals '45 mit dem Barras.

Der Erich ist also der Schwager von der Oma, genauer gesagt der Bruder vom Opa, der immer so laut geschnarcht hat. Da der Erich tagsüber weitaus weniger Aufgaben zu erfüllen hat als die Oma, hat er Zeit Informationen zu sammeln. Aber wie er das tut und warum das sogar an Fasching parodiert wird, sollten wir ein andermal besprechen.

Untereßfeld hat Fans

Wenn ich erzähle, wo ich herkomme, ernte ich meistens eine Mischung aus mitleidigen ("Oh, eine Landpomeranze"), interessierten ("ist das noch in Bayern?") und neidischen ("ich wäre ja auch so gerne auf dem Land aufgewachsen...") Blicken und Kommentaren.

Wenn ich hier schreibe, wo ich herkomme, wollen alle mehr davon wissen, vor allem drei Kategorien von Menschen:

a) Untereßfelder
b) Münchner
c) Oberpfälzer.

Also Kerstin, Hans und Bettina: Ich habe verstanden! Es geht weiter!

11.8.06

Jetzt aber

Untereßfeld war weg. Nicht auf der Karte, auch nicht bei Google Earth, sondern hier im Netz. Einfach nicht mehr zugänglich, weil zu schlecht gepflegt. Das wird sich nun ändern. Ein solches Dorf darf man nicht im Stich lassen. Deshalb hier die Neueröffnung des ultmativen Untereßfeld-Blogs. Post für Post wird sich hier herauskristallisieren, wo es liegt, wer dort wohnt und was es zu erzählen gibt.
Die Einwohnerzahl klärt ein Anruf bei der Oma. Man kann zuerst aber auch einfach mal schätzen. Untereßfeld hat so um die 280 Einwohner, sage ich jetzt mal. Nicht schlecht, meint die Oma, aber gestern Nacht waren es 271. Die Oma schläft schlecht, vor allem jetzt, wo der Opa gestorben ist. Vorher hat sie auch schlecht geschlafen, weil der Opa so geschnarcht hat. Aber nach 51 Jahren neben einem Dauerschnarcher, schläft es sich ohne einfach noch schlechter. Sagt die Oma. Wenn sie nicht schlafen kann, zählt sie. Die Einwohner von Untereßfeld. Sie fängt unten am Dorfeingang an, geht jedes Haus durch und seine Bewohner. Manchmal kommt sie durcheinander, weil sie einen neugeborenen Untereßfelder vergessen hat, manchmal schläft sie ein und wacht dann wieder auf, um wieder von vorne zu beginnen. Zum Frühstück präsentiert sie dann eine frische, neu bearbeitete Zahl, einen unumstößlichen Fakt: 271 leben Menschen hier, keiner mehr, keiner weniger. Kann sich natürlich täglich ändern. Was sonst noch passiert - das gibt es in regelmäßigen Abständen hier. Im Untereßfeld-Blog.